Für einen nachhaltigen Abschiebeschutz für afghanische Flüchtlinge

Jetzt sind Geflüchtete aus Afghanistan in die Liste derer mit guter Bleibeperspektive aufgenommen worden und können daher Sprachkurse kostenlos besuchen.  Auch ist ein Abschiebestopp festzustellen, da in das Land unter Talibanherrschaft niemand abgeschoben werden kann. Allerdings sind in vielen Fällen die Aufenthalte rechtlich nicht so gestaltet, dass die Betroffenen sich eine sichere Zunkunft in Deutschland aufbauen können. Einge habe erneut Asylanträge gestellt, die wieder viel Zeit und Geld (für rechtsanwaltliche Untersützung) verschlingen. Wir hätten uns das anders gewünscht. Hier: Hinweise von ProAsyl für afghanische Flüchtlinge und ihre Berater*innen

Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan wurde beendet. Die von den Taliban bedrohten „Ortskräfte“ (Unterstützer*innen des Einsatzes und ihre Familien) wurden mit Formalitäten hingehalten, wenn sie versuchten, Schutz in Deutschland zu finden. Ab 1.7. wurden keine Anträge mehr angenommen, dann doch wieder, bis die Botschaft mit ihrer eigenen Rettung voll beschäftigt war. Die Taliban haben inzwischen ganz Afghanistan unter ihrer Kontrolle und die Gefährdungslage für Abgeschobene und Ortskräfte erhöht sich laufend. Daher forderte Pro-Asyl die Aussetzung von Abschiebungen. Hier ein Bericht aus dem Migazin: Verwaltungsgericht entscheidet für Ortskraft Recht auf Visum, auch für die erwachsenen Kinder. Jedenfalls sind jetzt auch die Abschiebeflüge nach Afghanistan eingestellt worden.

Hier eine Zusammenfassung des Mediendienstes Migration zu afghanischen Flüchtlingen vom 17.9.21

Die Zahl der Binnenflüchtlinge in Afghanistan hat sich nach Abzug der westlichen Truppen  erheblich erhöht. Die Afghanische Regierung hat Deutschland gebeten, für 3 Monate von Abschiebungen abzusehen, weil sie nicht zu einer geordneten Aufnahme fähig sei. Das hat Innenminister Seehofer zunächst ignoriert. Jetzt gibt er sich geläutert. Kann er auch, denn man muss davon ausgehen, dass die Zahl derer, die die Ausreise schaffen, nicht sehr groß sein wird. Aber wir sollten ihn beim Wort nehmen, wenn er seine Meinung wieder ändert.

 Der ganze Einsatz war ein Desaster, dem die Bundesregierung jetzt mit einer zweigeteilten Feier für die im Einsatz gewesenen Soldat*innen und die Gefallenen wenigstens nachträglich noch einen Sinn geben möchte. Am liebsten hätte man die Truppe heimlich abgezogen. Die Aktion fand in Zusammenhang mit dem Abzug der Amerikaner statt und machte nochmals deutlich, dass der deutsche Einsatz nicht aus eigener Überzeugung, sondern vor allem als Gefälligkeit gegenüber den USA stattgefunden hat. Ausgenommen sind viele Soldat*innen, die an ihren Auftrag geglaubt haben und nun tief enttäuscht sind. Jahrelang wurde in Afghanistan mit viel Geld (das die Korruption weiter gefördert hat) und Militär ein Kartenhaus aufgebaut, das zwar vielen Menschen über einen langen Zeitraum mehr Lebensqualität und Freiheit gebracht hat, das jetzt aber nach dem Truppenabzug einfach in sich zusammengefallen ist. Die afghanische Armee war ein Papiertiger, weil sie nicht wusste, wofür sie kämpfen sollte. Vor allem, weil  sich die politische Spitze erst selbst bereichert und dann beizeiten “ vom Acker gemacht“ hat.

Jetzt stehen wir alle vor einem großen Scherbenhaufen, vor allem die Menschen in Afghanistan, die sich auf das Experiment Demokratie eingelassen haben und die jetzt in großer Gefahr sind, ihre Freiheit und möglicherweise auch ihr Leben zu verlieren. Abgesehen von der Perspektive, ins finstere Mittelalter zurückgebeamt zu werden. Zumindest müssen wir denen, die es nach Deutschland geschafft haben, helfen eine gute Lebensperspektive zu entwickeln. Auch wenn das bei den Ängsten um die Familienangehörigen, die im Land zurückgeblieben sind, nicht leicht sein dürfte. Dazu brauchen wir wieder die Bereitschaft und den Willen der Zivilbevölkerung, die Menschen aufzunehmen und ihnen beim Einleben zu helfen. Das bedeutet auch, den Runden Tisch für Flüchtlinge wieder zu aktivieren, soweit das möglich ist.

Hier noch Material zur Geschichte der Abschiebungen letzten Jahre:

Eine Einschätzung zu den Abschiebeflügen aus dem Mediendienst Migration vom 13.8.2021. In diesem Artikel finden Sie auch jede Menge aufschlussreiche Links zum Thema Abschiebung. 

Auch Anfang 2021 fanden trotz Pandemie und Vormarsch der Taliban wieder jeden Monat eine Sammelabschiebung statt. Jetzt hat allerdings der Verwaltungsgerichtshof Mannheim anders entschieden. Hier ein Bericht im MIGAZIN vom 2.2.2021 zur Entscheidung: Derzeit keine Abschiebungen nach Afghanistan möglich  Trotzdem gab es seit Dezember 2020 wieder monatliche Abschiebung nach Kabul!

Inzwischen ist auch der Ablehnungsverweis auf die „geringe Gefahrenquote“ in Afghanischen Regionen kein Grund, einen Schutz zu verwehren. Geprüft werden muss die individuelle Gefährdungssituation. Hier der Link zu einem Artikel im Migazin.

Hier der Link zu einem Bericht über eine Anfrage der Linken im Bundestag Ende 2020 aus dem MIGAZIN: Über 60% der negativen Bescheide gegen afghanische Flüchtlinge sind rechtswidrig.

Mit der Begründung, Deutschland habe jetzt genug in die Sicherheit Afghanistans investiert und dann müssten die Afghanen sich in ihrer Heimat jetzt mal endlich selbst um ihre Sicherheit kümmern, ist kurz vor Weihnachten das erste Flugzeug mit knapp 40 abgeschobenen Afghanen Richtung Afghanistan geflogen. Das zweite ist am 22.1. mit 25 (statt den geplanten 50) Menschen geflogen. Viele humanitäre Organisationen haben inzwischen Protest angemeldet, damit es nicht noch mehr werden. Change.org hat eine Fülle von Vorschlägen, wie z.B. Protestbriefe an die Zuständigen auf Bundes- und Landesebene dafür ausgearbeitet.

Bei einer Ablehnung des Antrages durch das BAMF ist die Klagefrist relativ kurz: Bei „unbegründeten Anträgen“ 2 Wochen und bei „offensichtlich unbegründeten Anträgen“ nur eine Woche. Eine Klage kann der Betroffene und seine Helfer*in selbst erheben und an das zuständige Gericht schicken oder in Gießen zu Protokoll geben (Adresse findet man auf den Anträgen). Die Klage muss bei einer Entscheidung „offensichtlich unbegründet“ von einem Eilantrag auf „aufschiebende Wirkung der Klage“ begleitet werden, damit der Geflüchtete für die Zeit des Verfahrens vor Abschiebung geschützt ist. Hier gibt es weitere Hintergrundinformationen