Integration a la IKEA mit Muhsin Omurca

Erkenntnisse durch Spielen mit Klischees?

Muhsin Omurca mit seinem Cartoon-Kabarett im Rahmen der Interkulturellen Wochen 2022

Als Veranstalter haben die Ausländerbeiräte Friedberg und Bad Nauheim  sowie das Internationale Zentrum Friedberg zum Kabarettabend mit Muhsin Omurca in die Trinkuranlage eingeladen:  „Integration a la IKEA.“ Etwa 100 Menschen unterschiedlichster Herkunft sind der Einladung gefolgt.

Mit einem Schock beginnt der Einstieg ins Thema. Vor einer Spielkarte mit Donald Trump als Joker erklärte Omurca, er fände es schade, dass es Trump in der Politik nicht mehr gebe. Der habe so viel mehr Material für Kabarettisten zur Verfügung gestellt als jetzt Joe „die Maske“ Biden. Zwar sei er kein Fan der Republikaner, aber eine Rückkehr Trumps würde ihn aus beruflichen Gründen freuen. Die etwa 100 erschienenen Zuhörerinnen und Zuhörer erstarren. Etwas löst sich die Spannung bei dem folgenden Cartoon vom Mount Rushmore mit den vier in den Fels gemeißelten  amerikanischen Präsidenten. An dem Berg dahinter steht ein Kran, der Strohballen auf den Gipfel transportiert. Das Stroh wird dort als Trump-Frisur ausgebreitet. Der Kranfahrer ruft herunter: „Wir brauchen mehr Stroh!“

Nach wie vor gebe es sehr viele Vorurteile zwischen den Deutschen und Türken, da könne man was unternehmen. In Deutschland gebe es eine große Liebe für Kuscheltiere. Das wolle er nutzen, um schon kleine Kinder mit den türkischen Mitmenschen bekannt und diese beliebt zu machen. Er habe ein typisches türkisches Ehepaar als Kuschelpuppen produziert. Die könnten Eltern ihren Babys beim Schlafengehen ins Bettchen mitgeben. Er sei auch schon an einer Weiterentwicklung für „Tamer-Gotchies“, ein Tamer- und Ayshe Paar, mit dem man auch sprechen und die man füttern könne.

Mit Bilder und Cartoons unterlegt erzählt er von seinem Einleben in Deutschland und von den Kulturschocks, die er sicher mit vielen der Zuwanderer teilt. Als Zwanzigjähriger kommt er 1979 in Frankfurt zu seinen Eltern und muss erst mal Deutsch lernen. Dazu besucht er einen Volkshochschulkurs auf der Frankfurter Kaiserstraße, direkt über einem Erotik-Center. Er wird neidisch auf die vielen Hunde in Deutschland, die auch ohne Sprachkenntnisse viel Zuneigung erfahren und teilweise die Könige in den Familien sind. Dabei fällt ihm auf, dass er im öffentlichen Raum viel mehr Hunde sieht als Kinder. Der Bruch in seinen bis dahin guten sprachlichen Fortschritten erfolgt durch die Konfrontation mit den Artikeln „der, die, das“. Es gebe keine Regeln und auch die Logik komme nicht zu ihrem Recht. „Was bitte schön hat eine Frau mit einer Tür gemeinsam, außer dass sie den gleichen Artikel „die“ teilen?“ Im Türkischen gebe es keine Artikel, was doch viel einfacher sei und sich in Aussprüchen wie „Ich geh Bahnhof“ auch in Deutsch niederschlage. Bücher bräuchten ohne Artikel viel weniger Papier und seien umweltfreundlicher.

Dann wird deutlich, was er mit „Integration a la Ikea“ meint. Viele aus dem Publikum hätten sicher schon mal ein Ikea-Regal nur nach Bildanweisung zusammengebaut. Das sei zugegebener Maßen  nicht einfach. Da komme es auf klare Bildsprache an. Und von solchen Bildratschlägen hat er eine ganze Menge mitgebracht. Das Bild mit der falschen Eigenschaft ist durchkreuzt, das richtige hat ein Häkchen. Bei den Bildern vom jungen schwarzen und älterem weißen Michael Jackson wird deutlich, dass es auch Assimilation geben kann und dass diese nicht unbedingt vorteilhaft sein muss. Die Bilder mit „KinderNö und KöterJö“ machen auf ein Problem aufmerksam. So jammerten viele Deutsche, dass die Deutschen aussterben, hätten aber etwas gegen Zuwanderer mit vielen Kindern. Keine vernünftige Problemlösungsstrategie. Weitere Bilderpaare machen auf kulturelle Unterschiede aufmerksam und sorgen für Lacher. Klar wird, dass bei gutem Willen eine Überwindung der kulturellen Schranken möglich ist. Die Unterschiede könnten sich sogar gegenseitig vervollständigen. Bei der Zugabe zum Abschluss fragt Omurca, ob das Publikum Texte von türkischen Schlagern kenne. Er singt einen vor und übersetzt: „Häng mich, erschieß mich, aber bitte lass mich nicht allein!“ „Wir sind Masochisten. Jetzt wisst ihr, warum wir uns bei Euch so wohl fühlen. Als in der Türkei gebürtiger Kabarettist in Deutschland habe auch ich mein Leiden zum Hobby gemacht“. So richtig konnte Omurca leider nicht überzeugen. Einge fanden es lustig, andere waren doch ziemlich enttäuscht.

Hier ein Ausschnitt aus den Cartoons