Bundeskabinett beschließt „Asylpaket II“ und nimmt viele Regelungen der neue Bleiberechtsregelung vom 1. Juli 2015 zurück

Das Asylpaket II ist inzwischen durch das neue Integrationsgesetz schon wieder erheblich verschärft und modifiziert worden. Infos zum Integrationsgesetz vom 4.8. 16 finden Sie hier .

Eine aktuelle Zusammenfassung der neuen Regelungen durch das Gesetz zur Durchsetzung der Ausreisepflicht finden Sie hier (vom 14.8.2017):

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Jetzt hat nach dem Kabinett auch der Bundestag das „Asylpaket II“ verabschiedet.  Innenminister De Maiziere hat auf Klärungstour in Nordafrika verschiedene Zusagen erhalten. Was nutzt die Möglichkeit zur „Rückführung“, wenn die Magrebstaaten ihre Bürger*innen wegen fehlender Papiere nicht zurücknehmen? Ob das funktioniert, wird sich in der Praxis erweisen. Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf bereits am 2.2. beschlossen. Das mit Schnellverfahren und Einschränkungen beim Familiennachzug umstrittene Asylpaket II ist jetzt in Kraft getreten. Am Freitag den 19.2.16 passierten die Gesetzesänderungen den Bundesrat in Berlin. Die Länderkammer legte keinen Widerspruch ein. Das Gesetzespaket, um das die Koalition lange gerungen hatte, wurde innerhalb weniger Wochen verabschiedet.  Hier eine Zusammenfassung aus dem MIGazin vom 3.2.16:  umstrittenes Asylpaket II

Bitte beachten, dass mit dem geplanten 2. Asylpaket inzwischen viele der unten genannten Erleichterungen schon wieder zurückgenommen werden. Ziel ist es, Deutschland für Flüchtlinge unattraktiv zu machen.

Hier dazu ein Link: http://www.migazin.de/2015/11/19/zweites-asylpaket-weg-pro-asyl/?utm_source=wysija&utm_medium=email&utm_campaign=MiGAZIN+Newsletter

Wird die Familienzusammenführung nun ganz unmöglich gemacht, nachdem sie zunächst bei subsidiärem Schutz für 2 Jahre „ausgesetzt“ wurde? Der Innenminister und die CSU streben das an und machen damit deutlich, dass der von ihnen geforderte und geförderte „Schutz der Familie“ nur für Deutsche gilt. Was das in der Praxis bedeutet, schildert ein Artikel vom 6.1017 im Migazin mit dem Titel: „Menschenfeindliche Abschreckungspolitik“ . Hier noch ein Artikel aus dem Migazin, der die Praxis der „Familienzusammenführung“ bis März 2019 unter die Lupe nimmt.

Mitte 2015: Das Asyl- und Aufenthaltsrecht wird reformiert

Mehr als ein Jahr lang war der „Gesetzentwurf zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ in Vorbereitung. Nun soll es schnell gehen: Der Entwurf soll noch vor der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werden. Doch das inzwischen vorliegende Reformpaket hat nur noch bedingt mit dem ursprünglichen Vorhaben der Großen Koalition zu tun. Wenn die geplanten Reformen in der Einwanderungspolitik noch vor Ende des Jahres in Kraft treten sollen, steht die Bundesregierung unter Zeitdruck. Dafür hat sie das Gesetzes-Paket „zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ aufgesetzt. Aus dem ursprünglichen Referentenentwurf von April 2014 hat sich eine Reformsammlung entwickelt, die weitgehende Veränderungen in sehr unterschiedlichen Bereichen enthält: Sie betreffen das Asyl- und Ausweisungsrecht ebenso wie Berufsqualifikationen und den Ehegattennachzug für Menschen aus Drittstaaten. Das Gesetz soll heute vom Bundestag verabschiedet werden.

Was soll sich damit ändern? Das Wichtigste in Kürze:

Das Gesetz macht es einfacher, Menschen, die abgeschoben werden sollen, zu inhaftieren. (Artikel 1, Nummer 2b)     Langzeit-Geduldete sollen einen Aufenthaltsstatus bekommen, so wie es im Koalitions-Vertrag vorgesehen ist. (Artikel 1, Nummer 13)

Asylbewerber, deren Antrag abgelehnt wurde, dürfen nicht wieder nach Deutschland einreisen. (Artikel 1, Nummer 5)

Ein Ausländer, der in Deutschland seine Berufsqualifikation anerkennen lassen will, kann dafür eine Aufenthaltserlaubnis von bis zu 18 Monaten bekommen. (Artikel 1, Nummer 8)

Weitere Gesetzesänderungen:

Deutsche Sicherheitsbehörden dürfen Datenträger, wie beispielsweise Computer oder Handy eines einreisenden Ausländers auslesen, um seine Identität festzustellen. (Artikel 1, Nummer 25)

Für Ehepartner aus der Türkei, die keine Möglichkeit haben, eine Sprachprüfung zum Zweck der Familienzusammenführung abzulegen, soll eine Härtefall-Regelung gelten. (vgl. Änderungsantrag der SPD und CDU/CSU Bundestagsfraktionen vom 12.06.2015)

Neue Regeln für die Abschiebungshaft

Vor einem Jahr befanden sich nach Angaben der Länderinnenministerien weniger als hundert Menschen in Abschiebungshaft. Davon waren die meisten sogenannte Dublin-Fälle, also Asylsuchende, für die ein anderes europäisches Land zuständig ist. Nach einer Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) von Juli 2014 wurden jedoch die meisten „Dublin-Fälle“ freigelassen, denn laut Dublin-Verordnung dürfen Menschen, die in einen anderen EU-Mitgliedstaat überstellt werden müssen, nur dann inhaftiert werden, wenn eine „erhöhte Fluchtgefahr“ besteht.

Nun sollen wieder mehr Menschen in Abschiebungshaft landen, denn das neue Gesetz sieht eine Vielzahl von Fällen vor, in denen eine „erhöhte Fluchtgefahr“ zu vermuten ist und eine Inhaftierung des Abzuschiebenden somit gerechtfertigt wäre. Dazu gehören:

  • Fälle, in denen sich ein Migrant ohne gültige Papiere der Abschiebung entzogen hat,
  • Fälle von Identitäts- oder Dokumentenfälschung,
  • Fälle, in denen ein Migrant für die unerlaubte Einreise „erhebliche Beträge“ an Schleuser gezahlt hat.

Das Bundesinnenministerium begründet die geplante Reform unter anderem damit, dass Menschen ohne Aufenthaltsstatus konsequenter abgeschoben werden sollen. Nach Berechnungen der Links-Fraktion führt die vermehrte Abschiebungshaft jedoch nicht unbedingt zu mehr Abschiebungen: Obwohl nach dem BGH-Urteil die meisten Dublin-Fälle aus der Abschiebungshaft entlassen wurden, stieg die Überstellungsquote – also der Anteil von Menschen, die tatsächlich abgeschoben wurden – um 0,1 Prozent verglichen zur ersten Jahreshälfte 2014.

Mehr Aufenthaltserlaubnisse, mehr Einreiseverbote

Mit dem Gesetz wird ein Versprechen konkretisiert, das bereits im Koalitionsvertrag enthalten war: Der Aufenthaltsstatus von Geduldeten, „die sich in die hiesigen Lebensverhältnisse nachhaltig integriert haben“, soll neu geregelt werden. Bei Geduldeten handelt es sich um Migranten, die keinen Aufenthaltstitel besitzen, aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden können, etwa weil sie reiseunfähig sind oder keine Dokumente besitzen. Durch das neue Gesetz sollen rund 30.000 von ihnen einen Aufenthaltsstatus erhalten.

Eine weitere Neuerung: Wer in den vergangenen acht Jahren als Asylsuchender nach Deutschland gekommen ist und abgelehnt wurde, darf für eine bestimmte Zeit (maximal fünf Jahre) nicht wieder einreisen. Damit will das Innenministerium nach eigenen Angaben vor allem vermeiden, dass Asylbewerber versuchen, „zirkulär“ ein- und auszureisen. 2014 hatten insgesamt 13 Prozent aller Asylbewerber wiederholt einen Antrag gestellt.

Ein Paket, viele Reformen

Die Opposition sowie Flüchtlingsorganisationen haben das Gesetzespaket scharf kritisiert. Zwar begrüßen sie, dass der Aufenthaltsstatus vieler Geduldeter geregelt wird. Die neuen Inhaftierungskriterien für Abzuschiebende würden jedoch einen Großteil der Asylsuchenden zu Kriminellen machen. Außerdem richte sich das Wiedereinreiseverbot offenbar an Asylbewerber aus dem Balkan, die in der Regel keinen Schutz bekommen und somit gehindert werden, einen weiteren Asylantrag zu stellen.

Die Regierungskoalition hat noch wenige Tage vor der Bundestagsdebatte einen umfangreichen Änderungsantrag eingereicht, in dem einige Punkte neu geregelt werden: Wenn ein Asylsuchender humanitären Schutz bekommt, darf gegen ihn kein Aufenthaltsverbot verhängt werden. Außerdem sollen junge Migranten, die eine Ausbildung absolvieren, eine Duldung für die Gesamtdauer der Ausbildung erhalten.

Überraschend ist im Änderungsantrag von SPD und CDU/CSU vor allem der Abschnitt zu Paragraph 30 des Aufenthaltsgesetzes, der den Ehegattennachzug regelt. Damit reagiert die Bundesregierung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wonach Sprachprüfungen zum „Zweck der Familienzusammenführung“ gegen das Assoziierungsabkommen mit der Türkei verstoßen. Nach dem neuen Gesetz sollen Ehepartner aus der Türkei, die keine Sprachkenntnisse nachweisen können, durch eine „Härtefallklausel“ zu ihrem Partner in Deutschland ziehen können.

Von Fabio Ghelli

Quelle: Fabio Ghelli

Den Text der Regelung werden wir hier verlinken, wenn er uns zugänglich ist.

Zu den neuen Regelungen hier einige Einschätzungen auf der Seite des Berliner Flüchtlingsrates und anderer wichtiger Organisationen wie Pro Asyl: http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/zuwg/AendG_AufenthG_2014.html

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